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Tanz auf fremder Hochzeit

Tanz auf fremder Hochzeit

Erzählungen

 

Aus dem Polnischen von Hubert Schumann

218 Seiten
gebunden
ISBN 978-3-8015-0265-2
19,50 €

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Autor / Pressestimmen
 

»Kinder, ihr tanzt auf einer fremden Hochzeit«, entfährt es einer jüdischen Mutter in der Titelgeschichte mit einem tiefen Seufzer angesichts der kommunistischen Aktivitäten ihrer Tochter.

Den Erzählungen von Hanna Krall liegt stets ein authentischer Kern zugrunde, und die Recherchen nach dem Schicksal polnischer Juden haben sie in viele Länder geführt. Immer betrachtet Hanna Krall die Welt durch ein Einzelschicksal, das für sie den Schlüssel zum Kosmos darstellt: jemandes Liebe, Tod und Verstrickung, ein nächster Henker und ein neues Opfer.

Aufgrund historischer Ereignisse verlief das Leben der Protagonisten ihrer neuen Geschichten anders als geplant. Inwieweit darin eine Ordnung zu sehen ist, eine blutige und erbarmungslose oder gar eine biblische, bleibt Hanna Kralls literarisches Geheimnis.

Zu den Erzählungen: Sechs Wehrmachtsoffiziere (unter ihnen Axel von dem Bussche und Richard von Weizsäcker) schießen 1943 vor Leningrad auf ein Hitlerporträt; in ein osteuropäisches Städtchen ist der Kapitalismus eingekehrt, doch statt des sehnlich erwarteten Sponsors tauchen die Schatten der Vergangenheit auf; 1944, eine Frau täuscht eine Schwangerschaft vor, während sich die tatsächlich Schwangere, eine Jüdin, im Schrank verstecken muss.

Pressestimmen

Eine Lebensgeschichte wie die von Cypa und Adam D. verläuft quer zu den mit dem ideologischen Lineal gezogenen Trenn- und Leitlinien, an denen entlang sich Rechte wie Linke historisches Geschehen überschaubar ordnen. Was beweist so eine Geschichte, was ist ihre Moral?

Mit solchen Fragen lässt die polnische Autorin Hanna Krall ihre Leser allein. Sie bietet keine Gewissheiten, sondern Anstöße zu skeptischem Nachdenken. Kenner ihrer (seit zehn Jahren auf deutsch im Verlag Neue Kritik erscheinenden) Bücher schätzen sie als unbestechliche Chronistin einer zerstörten Lebenswelt: jenes jüdischen Lebens in Polen, das durch den nationalsozialistischen Massenmord fast völlig ausgelöscht worden ist. Die Erinnerung daran versucht Hanna Krall fest- und wachzuhalten, ohne sich zur Nostalgie verführen zu lassen; Verklärung liegt ihr ebenso fern wie Sentimentalität. Vom Journalismus herkommend, sammelt und recherchiert sie Namen, Fakten, Begebenheiten und Biographien: Mosaiksteine, die sie zu komplexen Bildern einer vom Nationalsozialismus wie vom Stalinismus verwüsteten Geschichte zusammenfügt - kommentarlos, nüchtern und exakt.

Beim ersten Lesen wirken diese Texte wie relativ einfach geschriebene literarische Reportagen, einer genaueren Lektüre erschließen sie sich jedoch als sehr bewusst und kunstvoll gearbeitete Montagen (darin den Geschichten Alexander Kluges verwandt). So entsteht eine Prosa, in deren Struktur literarische Zitate ebenso ihren Platz finden wie statistische Daten, die Geschichte der zeitgenössischen lateinamerikanischen Stadtguerilla gleichberechtigt neben einer vierhundertjährigen Legende steht.

Yaak Karsunke, Frankfurter Rundschau

 

Literatur wie jene der Hanna Krall ist nüchtern und sucht weder Klage zu führen noch Mitleid zu heischen. Hier steht geschrieben, was der Fall war - und kein bißchen mehr. Deshalb bleibt vieles ausgespart, manches ungeklärt, vage. Große Leerräume höhlen solche Geschichten aus, weil das, was an die Substanz des Lebens rührt, Vorrang im Erzählen hat. Die Autorin nimmt sich selber weitgehend zurück, fungiert als Auge und Ohr der Opfer und jener, die durch Glück am Leben geblieben sind, aber sie gibt uns keine Direktiven mit auf den Weg. Sie tröstet nicht, verharmlost nichts und hält von emotionaler Aufwühlung durch Sprache gar nichts.

Hanna Krall hat sich in die erste Reihe der zeitgenössischen polnischen Autoren geschrieben, ihr jüngstes Buch darf auf dem Literaturmarkt nicht verloren gehen.

Anton Thuswaldner, Salzbuger Nachrichten

 

... an anderen Stellen jedoch wird die Lakonie zur Dichtung. Wie in den Dokumentarfilmen von Marcel Ophüls erlebt man hier bisweilen einen Ausbruch aus der Nüchternheit des Dokumentarischen in eine überraschende Klarheit der Kunst, der jedes Pathos fremd ist, denn Hanna Krall hat in ihren Erzählungen den Zufall als Prinzip erkannt. Gerade die schicksalsträchtigsten Momente in den Biographien, die sie nachzeichnet, haben keinen »Sinn«.

Sieglinde Geisel, Neue Zürcher Zeitung

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