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Konstitution und Klassenkampf

Konstitution und Klassenkampf

Schriften, Reden und Entwürfe aus den Jahren 1966-1970

 

440 Seiten
14,8 x 21,0 cm
broschiert
ISBN 978-3-8015-0380-2

28,– €

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Autor / Pressestimmen
 

Hans-Jürgen Krahl (1943-1970) war der Theoretiker der antiautoritären Studentenbewegung. Die in diesem Band versammelten Aufsätze, Redevorlagen und Notizen sind erstmals 1971, kurz nach seinem frühem Unfalltod, erschienen. Es handelt sich um politische Reflexionen, von tagesaktuellen Stellungnahmen bis zu abstrakten Spekulationen und philosophiehistorischen Exkursen.

 

Inhalt:

Angaben zur Person

Zur Wesenslogik der Marxschen Warenanalyse

Bemerkungen zur Akkumulation und Krisentendenz des Kapitals

Revolutionäre Theorie und existenzielle Radikalität

Ontologie und Eros - zur spekulativen Deduktion der Homosexualität

Zu Henri Lefèbvre / Zu Herbert Marcuse / Zu Karl Korsch

Diskussionsbeitrag auf dem Berliner Vietnam-Kongress

Römerbergrede gegen die Notstandsgesetze 1968

Zu Marx / Zu Lukács / Zu Lenin

Zur Geschichtsphilosophie des autoritären Staates

Antwort auf Jürgen Habermas

Das Elend der kritischen Theorie eines kritischen Theoretikers

Autoritäten und Revolution

Zur historischen Dialektik der nachstalinistischen Reform in der CSSR

Über Reform und Revolution

Zur Ideologiekritik des antiautoritären Bewusstseins

Der politische Widerspruch der kritischen Theorie Adornos

Kritische Theorie und Praxis

Fünf Thesen zu »Herbert Marcuse als kritischer Theoretiker der Emanzipation«

Zur Dialektik des antiautoritären Bewusstseins

Über »Marxismus-Leninismus«

Rede auf einem teach-in zur Wahl im Wintersemester 1969/70

Produktion und Konstitution

Thesen zu allgemeinen Verhältnis von wissenschaftlicher Intelligenz und proletarischem Klassenbewusstsein

Programmentwurf für die Zeitschrift »Hefte für politische Ökonomie«

Projektion und Konstitution

Beiträge aus den Schulungsprotokollen

Produktion und Klassenkampf

 

Anhang:

Detlev Claussen, Bernd Leineweber, Oskar, Negt, Rede zur Beerdigung des Genossen Hans-Jürgen Krahl (1970)

Detlev Claussen, Ein philosophisch-politisches Profil (Nachwort der Ausgabe von 1985)

Norbert Saßmannshausen, Biographische Skizze (2008)

Pressestimmen

Vielleicht war es die Ahnung, beim Exorzieren des Geistes von 1968 könne demnächst Krahl an der Reihe sein, die den Verlag Neue Kritik zu einer Neuauflage von »Konstitution und Klassenkampf« bewog, einer erstmals 1971 veröffent­lichten Sammlung von Schriften Krahls, die sich - heute kaum noch vorstellbar - mehr als 14000 Mal verkaufte. Die zu Lebzeiten Krahls überwiegend unveröffentlichten Texte sind gerade deshalb erheblich aufschlussreicher als spätere Darstellungen der Bewegung von 1968, weil sie nicht im Wissen um deren Scheitern verfasst sind, sondern beinahe verzweifelt nach Möglichkeiten suchen, der Alternative von spon­taneistisch-theorie­feindlicher Aktionshektik und leninistischem Parteiaufbau zu entgehen, die sich bereits 1969 immer erdrückender abzuzeichnen begann.

 

In gedrängter Form lässt sich an Krahls Schrif­­­ten der Verlauf der antiautoritären Protest­bewegung nachvollziehen, deren organisatorisches Rückgrat der SDS bildete. Während sich die so genannten Traditionalisten im SDS an der Strategie Wolfgang Abendroths orientierten, im Bündnis mit den Gewerkschaften und unter Ausnutzung der Verfassung allmählich zum Sozialismus zu gelangen, fand der antiauto­ritäre Flügel seinen wichtigsten Stichwortgeber zunächst in Herbert Marcuse, der keine Hoffnung in die Arbeiterklasse setzte, auf den re­volutionä­ren Elan von »Randgruppen« hoffte und »die große Weigerung« propagierte. Nicht geduldige Kleinarbeit in Gewerkschaften und Parlamenten, sondern der gezielte Gesetzesbruch durch direkte Aktionen sowie der Anspruch, in den eigenen Reihen die Emanzipation so weit wie möglich vorwegzunehmen, bestimmten die Praxis der Antiautoritären.

 

Mit Blick auf diese Phase spricht Krahl später selbstkritisch von einem »Vulgärmarcusianismus« des SDS, der der Illusion aufgesessen sei, als privilegierte intellektuelle Randgruppe »eine Art Menschheitsrevolution, ohne Unterschied der Klassen« initiieren zu können. In der Praxis der Protestbewegung setzten sich Marcuses Reflexionen in den kurzatmigen voluntaristischen Versuch um, durch permanente Ak­tionen auf der Straße das versteinerte Bewusstsein »der Massen« aufzubrechen. Auch die frühe Kommunebewegung sieht Krahl als eine »kollektive Privatisierung der politischen Praxis«, die »subkulturell verkommen musste«. Seine Kritik der antiautoritären Bewegung ist allerdings als rettende gemeint: Gerade weil an ihrem toten Punkt ein gespenstisch geschichtsloser Marxismus-Leninismus Auftrieb gewinnt und zugunsten straffer Parteidisziplin die »Austrock­nung des antiautoritären Sumpfs« propagiert, soll sie sich Grundlagen für eine längerfristig angelegte Arbeit schaffen, ihre von »Emanzipationsegoismus« gefärbte »Ideologie der Freiräume« überwinden, die »das Reich der Freiheit als privates Kleineigentum« versteht. Das bis heute bestehende Dilemma von Mitteln und Zielen, der ärgerliche Umstand also, dass der Kampf gegen die historisch obsolete Arbeitsdisziplin nicht allein dem Lustprinzip folgen kann, konnte auch Krahl nur theoretisch reflektieren. Seine Absage an die »Unmittelbarkeitsideologie« des linken Aktivismus bleibt traurig aktuell.

Felix Baum, Jungle World

 

Trotzdem sind die Texte, folgt man ihrem Anspruch, vor allem historische Zeugnisse einer aufgeregten und aufregenden Periode; vielleicht regen sie auch dazu an, den theoretischen Faden wieder aufzunehmen.

K.P.Tudyka, Wissenschaftlicher Literaturanzeiger

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