Hannoversche Schriften Band 2Kritik des Ethnonationalismus
Hrsg. von Detlev Claussen, Oskar Negt und Michael Werz199 Seiten13,5 x 21,0 cm Englische Broschur ISBN 978-3-8015-0343-7 18,– € |
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Pressestimmen | ||
Im Zeitalter der internationalen Blockkonfrontation hatten Wissenschaft und Publizistik die Kategorien nationaler Differenzierung der Weltgesellschaft etwas voreilig für überholt erklärt. Dann erfolgte der Zusammenbruch des Realsozialismus entlang national-ethnischer Bruchstellen; Konstellationen des 19. Jahrhunderts kehrten in überraschend unvermittelter Form wieder.
Diese gesellschaftliche Veränderungsdynamik kann in den herkömmlichen theoretischen Kategorien nur unzureichend gefasst werden. Der Begriff des Ethnischen ist ein Beispiel dafür, mit welcher Geschwindigkeit ein Ausdruck nicht nur eine zentrale Rolle im Selbstverständnis sich neu begründender Nationalstaaten spielen kann, sondern auch zum Allgemeingut in Wissenschaft und Alltagssprache wird.
Dem weltweiten Phänomen der »Ethnisierung des Sozialen« sollen die Beiträge dieses Bandes mit ihren Blickrichtungen auf Asien, die USA und die Ränder Europas Rechnung tragen.
Aus dem Inhalt Michael Werz: Verkehrte Welt des short century Detlev Claussen: Das Verschwinden des Sozialismus. Zur ethnonationalistischen Auflösung des Sowjetsystems Benedict Anderson: Nationalismus, Identität und die Welt im Umbruch. Über die Logik der Serialität Dan Diner: Geschichtete Zeiten. Zur Konstitution von Ethnos und Nationalität Victor Zaslavsky: Die Erbschaft der sowjetischen Nationalitätenpolitik David A. Hollinger: Kultur, Hautfarbe und Nationalismus in aktuellen amerikanischen Debatten Berndt Ostendorf: Blowing up the White House. Nationale Identität im Zeitalter der Globalisierung Britta Waldschmidt-Nelson: »I Have a Dream«. Die politische Repräsentation der schwarzen Minderheit in den USA Bruno Schoch: Stichwort Nation - am Beispiel der Schweiz Paul Parin: Ist die menschliche Natur unmenschlich? PressestimmenDie Welt war so schön einfach und überschaubar, als es den Kalten Krieg noch gab. Gute und Böse waren klar unterscheidbar - der Eiserne Vorhang ein identitätsstiftendes Symbol. Mit den Ereignissen von 1989/90 wurden bisher gültige und gern genutzte Kategorien zur Einordnung der Welt plötzlich nutzlos. Dafür tauchten neue Probleme auf. Noch atemlos von den weltverändernden Geschehnissen, stehen die Gesellschaftsanalytiker und Zeitdiagnostiker nun ratlos vor Konflikten wie auf dem Balkan, ausgelöst nicht durch Block-Konfrontationen, sondern neue Formen des Nationalismus. Im Mittelpunkt stehen Nationalitätenkonflikte, Gebietsansprüche und Minderheitenprobleme. Das erinnert verblüffend an die Zeit kurz vor und nach dem Ersten Weltkrieg, als sich in Europa zahlreiche Nationalstaaten konstituierten, und ist doch anders: Ging es Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts um die Konstituierung von Nationen als politischen Einheiten, stehen heute divergierende Vorstellungen kultureller Zugehörigkeit im Mittelpunkt. Ethnonationalismus als neue Ideologie und Alltagsreligion? Dieser Frage widmet sich der Verlag Neue Kritik in seiner zweiten Ausgabe der »Hannoverschen Schriften«, die Detlev Claussen, Oskar Negt und Michael Werz herausgeben. In zehn Aufsätzen wollen die Autoren, Historiker, Soziologen, Amerikanisten und ein Psycho-analytiker, eine »Kritik des Ethnonationalismus« formulieren und sehen sich dabei in der Tradition der kritischen Theorie, ohne jedoch deren bloße Fortschreibung vornehmen zu wollen. Susanne Katzorke, taz
Ideologiekritik, die Entlarvung gesellschaftlich notwendigen Scheins, hat ausgedient. So zumindest sieht es aus: Denn stimmt die These, leben wir seit 1989 in einem post-ideologischen Zeitalter. Nach dem Zusammenbruch des realsozialistischen Lagers heißt es, sei weltweit eine ideologische Abrüstung spürbar. Die Muster des Kalten Krieges, in politischen Debatten und Konflikten rudimentär zuweilen noch wirksam, taugten jedenfalls nicht mehr zur angemessenen Deutung dessen, was ist. Das Rüst- und Handwerkszeug des Kritischen Theoretikers, dem unlängst erst Peter Sloterdijk das Sterbeglöcklein Sturm läutete, scheint für allenthalben beklagte neue Unüber-sichtlichkeiten nicht mehr geeignet zu sein. Neue Phänomene seien mit altem Denken nicht mehr auf den Begriff zu bringen. Natürlich sind die Dinge komplizierter. Nicht nur, dass man nach der Ideologie der lässig propagierten Ideologiefreiheit selbst fragen könnte. Auch ließe sich überlegen, ob nicht der Begriff der Ideologie als ganzer - vor der überstürzten Verabschiedung - erst einmal in Revision gehörte. Einen Versuch, sich dieser vertrackten Situation zu stellen, macht jedenfalls Heft 2 der »Hannoverschen Schriften«. Michael Mayer, Berliner Zeitung |
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